Achtung bei Vorsorgevollmacht

Vorsicht: „Vollmachtsfalle“ bei Vorsorgevollmachten

Eine größtenteils unbekannte Rechnungslegungspflicht bürdet selbst nahen Verwandten erhebliche Haftungsrisiken auf.

Viele Personen denken bei der Vorsorge- oder Nachlassplanung daran, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt eine Person eine andere Person, im Falle einer Notsituation alle oder bestimmte Aufgaben für den Vollmachtgeber zu erledigen. Mit der Vorsorgevollmacht wird der Bevollmächtigte zum Vertreter im Willen, d. h., er entscheidet an Stelle des nicht mehr entscheidungsfähigen Vollmachtgebers. Deshalb setzt eine Vorsorgevollmacht unbedingtes und uneingeschränktes persönliches Vertrauen zum Bevollmächtigten voraus und sollte nicht leichtfertig erteilt werden. Der Bevollmächtigte in finanziellen Angelegenheiten wird nämlich nicht durch das Betreuungsgericht kontrolliert und unterliegt keiner staatlichen Aufsicht.

Weitestgehend unbekannt ist daneben, dass aber nicht nur der Vollmachtgeber ein Risiko eingeht, wenn er eine Vorsorgevollmacht weggibt, sondern auch der Bevollmächtigte, wenn er mit dieser Vollmacht handelt oder dies Dritten verspricht. Gerade Kinder, Geschwister oder Ehe- bzw. Lebenspartner werden aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses gerne von ihren Eltern, Geschwistern oder Ehe- bzw. Lebenspartnern eingesetzt. Der Bevollmächtigte empfindet es als Ehre oder moralische Verpflichtung, dies zu übernehmen, ahnt aber in der Regel nicht, dass er ein erhebliches Haftungsrisiko eingeht für das er schlimmstenfalls sogar mit seinem eigenen Vermögen haftet. In der Regel ist der Bevollmächtigte nämlich nach dem Tode des Vollmachtgebers den verbleibenden Erben gegenüber zur Auskunft und Rechnungslegung und ggf. zum Ersatze entsprechender Nachteile verpflichtet. Der Bevollmächtigte haftet schon während seiner Tätigkeit mit seinem gesamten Vermögen und muss darüber hinaus noch Rechenschaft über den Tod des Vollmachtgebers hinaus ablegen. Nach inzwischen allgemeiner Ansicht ist das Innenverhältnis einer Vorsorgevollmacht in der Regel als Auftrag ausgestaltet. Ein entsprechender Rechtsbindungswille folge bereits aus dem erheblichen Vertrauen und dem Umfang der Betreuung. Dass der Bevollmächtigte die Vorsorge nur aus „Gefälligkeit“ übernommen habe, sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofes nur ein subjektiver Aspekt in der Person des Bevollmächtigten, der für die Beurteilung des Rechtsbindungswillens keine Rolle spiele. Lediglich unter Ehegatten – aber auch nur dort – sei ein Auftrag nur dann anzunehmen, wenn Verpflichtungen bestehen, die die Ehegatten so stellen, als seien sie beliebige Vertragspartner. Es reiche nicht aus, wenn der bevollmächtigte Ehegatte im Rahmen der Lebensgemeinschaft die Vermögensverwaltung aus Gefälligkeit miterledigt. Dem Versuch einiger Oberlandesgerichte (Düsseldorf, Köln, Zweibrücken), diese Ausnahmen im Auftragsrecht auf andere familiäre Beziehungen zu erweitern, erteilte der BGH eine klare Absage.

In einem aktuellen Hinweisbeschluss des OLG Köln vom 11.5.2017 (16 U 99/16) sei dann, wenn statt einer Vorsorgevollmacht (lediglich) eine Kontovollmacht und eine Vollmacht für das Bankschließfach dem Bevollmächtigten gegeben wurde, bei nahen Angehörigen in der Regel kein Auftragsverhältnis sondern ein – keine Auskunfts- und Rechenschaftslegungspflichten auslösendes – Gefälligkeitsverhältnis gegeben. Ob dies tatsächlich gängige Rechtsprechung wird, bleibt abzuwarten.

In der Regel kommen die Streitigkeiten dann nach dem Tode des Erblassers und Vollmachtgebers. Sein Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch gegen den Bevollmächtigten geht nämlich mit seinem Tode auf die Erben über, die im Zweifel die Vollmacht aufkündigen und dann Rechnungslegung beantragen. Dieser Anspruch verjährt zwar in drei Jahren. Die Verjährung beginnt aber erst analog §§ 695 S. 2, 696 S. 3 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Gläubiger diesen Anspruch geltend macht, frühestens ab Beendigung des Auftrages. Der Bevollmächtigte schuldet nach den §§ 280 ff. i.V.m. § 666 BGB eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben. Verlangt werden kann sogar noch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung bei unvollständigen oder sich widersprechenden Auskünften. Eine falsche eidesstattliche Versicherung ist eine strafbare Handlung mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr.

Fazit:

Nicht nur der Vollmachtgeber sollte gut überlegen, wem er eine Vorsorgevollmacht ausstellt. Er entzieht sich in Vermögensangelegenheiten nämlich jedweder staatlicher Kontrolle. Aber auch der Bevollmächtigte sollte sich seiner Haftungsrisiken im Klaren sein und ggf. mit dem Bevollmächtigten zusammen eine individuelle Haftungsbeschränkung zu diskutieren, bei der beide regeln, dass Auskunftsansprüche lediglich dem Vollmachtgeber zustehen und nicht vererblich sind. Natürlich unterliegt auch solch eine Individualvereinbarung der Missbrauchskontrolle der Gerichte. 

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