Miet- und versicherungsrechtliche Probleme rund um die Hochwasserkatastrophe
Ein kurzer Überblick über die mietrechtlichen und versicherungsrechtlichen Probleme aufgrund der Hochwasserkatastrophe in NRW und Rheinland Pfalz im Juli 2021
Von Rechtsanwalt Dr. Volker Drexler aus Bergheim/Erft, Fachanwalt im Mietrecht
Es ist unvorstellbar, was sich in den vom Hochwasser zerstörten oder beschädigten Gebieten in NRW und Rheinland Pfalz ereignet hat. Innerhalb von wenigen Stunden, teils nur Minuten, wurden Menschen obdachlos, Vermieter mussten erleben, wie ihr Eigentum zerstört oder stark beschädigt wurde. Jetzt – wo die Gefahr hoffentlich vorbei ist und das Ausmaß der Schäden sichtbar ist, besteht häufig Unsicherheit, wer sich jetzt um was kümmern muss, wer welche Rechte hat und was die Versicherungen übernehmen. Nachfolgend schildert der Verfasser seine rechtliche Auffassung – obgleich selbstverständlich eine Katastrophe wie die hiesige von den jetzt zuständigen Obergerichten noch nicht judiziert wurde.
Wer muss die Schäden am Haus und in den Wohnungen beseitigen?
Hier ist der Eigentümer/Vermieter verpflichtet, alle Gebäudeschäden, die durch das eingedrungene Hochwasser verursacht wurden, zu beseitigen. Er muss das Wasser abpumpen, die Mietflächen säubern und Schäden beseitigen. Der Mieter hat dem Vermieter lediglich unverzüglich die Mängel anzuzeigen und dringende mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Schadens zu ergreifen. Der Mieter kann Mithilfe anbieten, ist aber zur Eigenleistung grundsätzlich nicht rechtlich verpflichtet.
Wer muss Schäden an der Einrichtung des Mieters bezahlen?
Der Vermieter ist nur verpflichtet, Schäden an mitvermieteten Gegenständen (z.B. Küchen, etc.) zu erstatten, sowie die Wohnung wieder zu tapezieren oder die Wände anzustreichen. Für Schäden am Mobiliar des Mieters braucht er nicht aufzukommen. Schäden, welche der Mieter durch das Hochwasser erleidet, sowie Unterbringungskosten während der Unbewohnbarkeit der Wohnung muss der Vermieter hingegen nicht bezahlen, solange ihn kein Verschulden an der Situation trifft. Hochwasserereignisse und Naturkatastrophen hat der Vermieter grundsätzlich nicht zu verantworten, es sei denn, er hat notwendige Sicherungsmaßnahmen, etwa den Einbau einer Rückstauklappe, versäumt. Der Vermieter muss jedoch keine Vorkehrungen gegen ungewöhnliche und sehr seltene Naturkatastrophen treffen, sofern in dem Objekt mit solchen Problemen nicht zu rechnen ist. Bei einer verschuldeten Verschleppung der Sanierung hingegen kann der Vermieter dem Mieter wiederum haften.
Kann der Mieter kündigen oder mindern?
Der Mieter kann in Extremfällen, wenn die Mietfläche dauerhaft unbewohnbar geworden ist, oder zu dem gewerblich vereinbarten Mietzweck dauerhaft nicht genutzt werden kann, im Einzelfall fristlos kündigen. Ebenso kann er nach Ablauf einer angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung kündigen, wenn eine Gesundheitsgefährdung (z.B. durch Schlamm, Fäkalien, etc.) droht. Dies gilt nicht, wenn angemessener Ersatzwohnraum zur Verfügung gestellt werden kann. Der Mieter kann aber die Miete bis zu 100 % (je nach Nutzbarkeit der Mietfläche) mindern. Hier haftet der Vermieter verschuldensunabhängig
Kann der Vermieter kündigen?
Nur in Ausnahmefällen, möglicherweise dann, wenn die Mietfläche nicht wiederhergestellt und kein Ersatz angeboten werden kann, kann der Vermieter kündigen bzw. erklären, dass die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages entzogen ist, wobei hier die Rechtsprechung recht uneinheitlich ist.
Was ist mit Versicherungen?
Die Gebäudeversicherung mit entsprechender Deckung gegen Elementarschäden ersetzt die Schäden an der sogenannten Gebäudehülle (Außen-, Innenwände, Keller, Dach), sowie alle Sachen, die zum Bestandteil des Gebäudes gehören und deren Trennung vom Gebäude zum Wertverlust führt (z.B. fest verklebte Fußböden, Sanitärinstallation, Kamin, Einbauküche). Ersetzt wird zunächst der Substanzwert und ggf. erst beim Nachweis der Wiederherstellung (je nach Versicherungsbedingungen) die Neuwertspitze. Der Schaden wird aber auch bei Bestehen einer Elementarversicherung nur dann ersetzt, wenn das Wasser an die Oberfläche gelangt ist. Bei Grundwasser, welches von unten auf das Mauerwerk drückt, regulieren viele Versicherungen nicht. Der Versicherungsnehmer muss den Beweis führen, dass der Schaden durch Oberflächenwasser verursacht wurde.
Die Einrichtung des Mieters ist nur dann über die Hausratversicherung versichert, wenn auch hier eine Elementardeckung besteht. Falls das Haus geräumt werden muss, übernimmt die Hausratversicherung dann auch für gewisse Zeit die Kosten für Hotelübernachtungen, Aufräumarbeiten sowie Transport und Lagerung von Möbeln. Gewerbliche Mieter können auch zusätzlich eine Betriebsunterbrechungsversicherung abschließen, die den entgangenen Gewinn erstattet.
Durch Hochwasser verursachte Schäden an Fahrzeugen werden in der Regel über die Teil-Kaskoversicherung ersetzt. Hierfür muss der Versicherung die Beschädigung regelmäßig nachgewiesen werden, was dann schwerfällt, wenn das KFZ komplett weggespült wurde und nicht wiederzufinden ist.
Die Vermieter/Mieter-Rechtschutzversicherung dürfte in der Regel außergerichtliche und gerichtliche Rechtsstreitigkeiten mit Mietern und wohl auch mit Versicherungen übernehmen.
Allgemein gilt bei Versicherungen, dass individuell der vereinbarte Versicherungsschutz überprüft werden muss und allgemeine Aussagen, was erstattet wird und was nicht, nur eine ungefähre Richtschnur sein können und nicht die individuelle Vertragsprüfung ersetzt. Ebenso ist die Dokumentation der Schäden (Bilder, Skizzen, Beschreibungen) wichtig, um Ansprüche durchzusetzen.